Urteil des BAG vom 13.12.2016 – Az 9 AZR 574/15
In dieser Entscheidung betont das BAG wiederholt, dass Umkleidezeit im Betrieb Arbeitszeit ist, die der Arbeitgeber vergüten muss.
Vom Weisungsrecht des Arbeitgebers umfasst – so das BAG – ist nicht nur die eigentliche vereinbarte Tätigkeit, sondern auch jede sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der vertraglich vereinbarten Arbeitsleistung unmittelbar zusammenhängt. Aufgrund des ihm zustehenden Weisungsrechtes kann der Arbeitgeber von dem Arbeitnehmer daher auch das Anlegen einer von ihm vorgegebenen Dienstkleidung verlangen. Das Weisungsrecht gibt dem Arbeitgeber umgekehrt auch die Möglichkeit, das Unterlassen des Tragens bestimmter privater Kleidungsstücke anzuordnen.
Ist das Umkleiden im Betrieb also eine vom Arbeitnehmer geschuldete Arbeitsleistung, hat der Arbeitgeber auch die Zeit des Umkleidens als Arbeitszeit anzuerkennen und – vor allem – zu vergüten. Für Waschzeiten oder Wegezeiten im Betrieb gilt nichts anderes. Die früher vom BAG vertretene Auffassung, der Arbeitgeber müsse nicht für solche Zeiten bezahlen, sondern nur für die Zeit, in der der Arbeitnehmer die eigentlich vereinbarte Tätigkeit erbringt, wurde durch das Gericht ausdrücklich schon 2013 aufgegeben. Mit dem oben genannten Urteil bestätigt das BAG seine geänderte Rechtsprechung nochmals.
Die Entscheidung stellt auch klar, dass die Tarifvertragsparteien vereinbaren können, Umkleidezeiten (wie auch andere Zeiten) im Betrieb von der Vergütungspflicht auszunehmen. Eine solche tarifliche Regelung verstoße – so das BAG in der Entscheidung – nicht gegen übergeordnetes Recht. Insbesondere liege kein Verstoß des gesetzlichen Verbots des § 3 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz vor, nach dem es dem Arbeitgeber verboten ist, Kosten für Maßnahmen nach diesem Gesetz den Beschäftigten aufzuerlegen. § 3 Abs. 1 des Arbeitsschutzgesetzes verpflichtet nämlich den Arbeitgeber, alle erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Die sich hieraus ergebenden Kosten hat er, und nicht der Arbeitnehmer, zu tragen, was durch § 3 Abs. 3 Arbeitsschutzgesetz ausdrücklich klargestellt ist.
Dass im Streitfall den Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast dafür trifft, dass und in welchem Umfang Umkleide- oder ähnliche Zeiten durch Weisung des Arbeitgebers angefallen sind, hat das BAG bereits in seiner Entscheidung vom 26. 10.2016 – Az 5 AZR 168/16 entschieden. Die Anforderung an die Darlegungspflicht des Arbeitnehmers darf aber nicht überspannt werden. Das Arbeitsgericht kann gegebenenfalls Umkleide- wie auch andere Zeiten schätzen (§ 287 ZPO).