Beschluss des OLG Hamm vom 16.08.2018 – 15 W 256/18
Häufig setzen sich Eheleute in Form eines Berliner Testamentes wechselseitig als Erben ein. Die Kinder sollen in der Regel erst im Schlusserbfall am gemeinsamen Vermögen partizipieren. Steuerlich ist diese Regelung mitunter nicht ratsam, da, falls die Erbschaftssteuerfreibeträge überschritten werden, der Nachlass im ersten Erbfall und im Schlusserbfall, somit doppelt versteuert wird. Um Erbschaftssteuerfreibeträge optimal auszunutzen, können zum Beispiel die Kinder oder Enkelkinder durch Vermächtnisse nach dem Tode des Erstversterbenden am Nachlass partizipieren. Die Beratungspraxis zeigt jedoch, dass es den Ehegatten schwerfällt, bereits zu Lebzeiten zu bestimmen, ob und welche Vermögenswerte an die Kinder fallen sollen, wenn der erste Ehegatte verstirbt. Im Vordergrund steht sehr häufig, den länger Lebenden abzusichern.
Um die Steuerfreibeträge der Kinder im ersten Erbfall zu minimieren und dem länger lebenden Ehegatten eine gewisse Flexibilität zu geben, sollte daher in Fällen, in denen das Erbschaftssteuerrecht problematisiert werden muss, über die Anwendung eines Supervermächtnisses im gemeinschaftlichen Testament nachgedacht werden. Mit einem Supervermächtnis wird testamentarisch festgehalten, dass die Kinder nach dem Tode des Erstversterbenden in Höhe eines festen Betrages, z.B. des Steuerfreibetrages in Höhe von derzeit 400.000 Euro, am Nachlass des Erstversterbenden partizipieren. Dem länger Lebenden wird jedoch die Möglichkeit gegeben, frei zu entscheiden, in welcher Form die Erfüllung erfolgt. Er kann somit selbst festlegen, ob und welche Grundstücke z.B. gegen Nießbrauchvorbehalt übertragen werden oder ob die Erfüllung in Form von Geldflüssen stattzufinden hat. Ferner kann der Zeitpunkt der Erfüllung des Testamentes festgelegt werden. Nicht selten werden diese Vermächtnisse vom Erblasser mit einer Testamentsvollstreckung kombiniert und vom Erblasser eine Person benannt, die die Geltendmachung des Vermächtnisses vornimmt bzw. das aus dem Vermächtnis erlangte Vermögen verwaltet.
Das OLG Hamm hatte einen Fall zu entscheiden, in welchem die Erben ein Grundstück verkaufen wollten, das zum Nachlass gehörte. Der Erblasser hatte im Testament ein Supervermächtnis angeordnet, wonach die Enkelkinder in einer konkret benannten Höhe finanziell am Nachlass partizipieren sollten. Der Erbe konnte entscheiden, in welcher Form die Erfüllung des Vermächtnisses erfolgt. Das Gericht entschied, dass die Erben das Grundstück trotz angeordneter Testamentsvollstreckung für das Supervermächtnis frei veräußern können, da der Erbe frei ist zu entscheiden, welche Gegenstände zur Erfüllung des Vermächtnisses übertragen werden.